Samstag, 24. Mai 2014

[Rezension] Daniel Glattauer - Gut gegen Nordwind


"Schreiben Sie mir, Emmi. Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf."

Dieses Zitat, was auch dem Klappentext des Romans "Gut gegen Nordwind" von Daniel Glattauer vorgeschaltet ist, trifft den Kern des 223 Seiten langen Buches wunderbar.

Es geht um zwei Menschen, Emma Rothner und Leo Leike, die sich durch einen Vertipper in der E-Mail-Adresse schriftlich begegnen. Aus den versehentlichen Mails am Anfang wird ein Kontakt, der für beide immer wichtiger wird. Sie finden sich auf einer verbalen Wellenlänge wieder und können sich all das schreiben, was sie beschäftigt und worüber sie reden möchten. Ohne viel über das Wesen vor dem anderen Bildschirm zu wissen, schlittern sie in tiefsinnige Gespräche über getroffene und ausstehende Entscheidungen, den Sinn des Lebens und die Liebe.
Leo hat eine gescheiterte Beziehung zu verdauen und Emma führt eine glückliche Ehe, sodass ihre unterschiedlichen Sichtweisen auf ein und dieselbe Sache sehr interessante Denkanstöße für den Leser eröffnen.
Schon bald merken die beiden, dass die vertrauten Gespräche ein wichtiger Teil ihres Leben sind.
Doch wie weit geht ihre Verbindung? Können sie die Gefühle, die sie durch ihre E-Mails transportieren, auch in die echte Welt hinein retten? Und ist es überhaupt eine gute Idee, das zu versuchen?

Ich habe dieses Buch geradezu verschlungen. Der Briefstil, mit Betreffzeile und einer Zeitangabe (z.B. 'Drei Minuten später'), erlaubt es dem Leser, die beiden Charaktere sehr unmittelbar wahrzunehmen und in ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen. Die Ehrlichkeit der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Themen ist großartig, genau wie man jeglichen Zwiespalt der beiden Figuren gut miterleben und nachvollziehen kann.
Für mich waren Emmi und Leo immer zwei durch und durch glaubwürdige Charaktere, ja schon Personen, die man ohne Probleme in der eigenen Bekanntschaft antreffen könnte. Es gab Momente, in denen ich mit ihnen gelacht, aber auch geweint habe.
Und genau deswegen ist "Gut gegen Nordwind" ein Buch, was ich mit Nachdruck empfehlen möchte und mit Sicherheit noch mehrmals lesen werde.

Dieser Briefroman hat mich von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt und begeistert. Oft stellte ich mir die Frage "Was würde ich an ihrer Stelle tun?" und Daniel Glattauer beherrscht den Erzählstil meisterhaft, webt die Fäden zu einem wunderbaren Gesamtgespinst zusammen, das den Leser auch nach der letzten E-Mail noch nicht loslässt.
Dieser Roman verdient jeden einzelnen Punkt, den man vergeben kann!

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