In dem 398 Seiten langen Roman „Eine Liebe zwischen den
Zeiten“ von Sabine Neuffer geht es um Lea Salbach, die das Haus ihrer Großmutter
erbt und zur Zeitreisenden wird.
Dabei reist Lea mehr aus Trotz als aus wirklichem
Pflichtgefühl, geschweige denn Familienzugehörigkeitsgefühl nach Braunschweig,
um das geerbte Haus in Augenschein zu nehmen. Man merkt als Leser schnell, dass
die Frau Mitte 30 aus verkorksten Familienverhältnissen kommt, denn schon auf
den ersten Seiten erzählt sie ihrem Freund Brian, dass sie ihre Großmutter nur
einmal gesehen habe.
Auf sein Anraten hin kümmert sie sich selbst um die
Wohnungsauflösung und entdeckt dabei eine Tür durch die Zeit, die sie direkt
ins Braunschweig des Jahres 1938 hineinkatapultiert. Hier begegnet sie einem
sehr anziehenden Mann namens Daniel…
Bevor sich Lea aber auf diese neue Zeitreisemöglichkeit
einlassen kann, braucht sie moralische Unterstützung, denn sie ist sich
zunächst sicher, verrückt geworden zu sein. Also holt sie sich Carl ins Boot,
den besten Freund ihres verstorbenen Vaters und seines Zeichens Neurologe, der
sich mit ihr in dieses Abenteuer stürzt und ihr darüber hinaus hilft, die
Verwicklungen ihrer eigenen Familie in der Nazizeit aufzudecken und sich damit
auseinanderzusetzen.
Sabine Neuffer scheint sehr viel für ihren Roman
recherchiert zu haben, denn sie benennt Tageszeitungen von 1938, die sich bei meiner
Nachrecherche wiederfanden. Auch beschreibt sie die Zeit sehr authentisch und
geht auf visuelle Dinge wie auch Gerüche ein, was mir persönlich sehr gefallen
hat. Sie zeichnet die Figuren ihrer Zeit entsprechend, bedenkt Rollenbilder und
Konflikte mit diesen, was ich hochinteressant fand.
Die Hauptperson Lea ist ein Mensch, dessen
Gewissenskonflikte ich sehr gut nachvollziehen kann und dessen
Familiengeschichte im Laufe des Romans komplett aufgearbeitet wird. Sabine
Neuffer arbeitet hier eigentlich mit drei Zeitebenen: es gibt die Zeit, in der
Lea lebt, dann die Zeit, in die sie reist (1938) und dann fließen immer wieder
Erinnerungen aus ihrer persönlichen Vergangenheit ein.
Der Leser hat auf die Art einen guten Einblick in das
Leben und die Gefühlswelt dieser interessanten Protagonistin. Und im Laufe des
Romans beginnt Lea zu verstehen, woher die verkorksten Beziehungen kamen, und
was dazu beitrug, dass ihr Vater nicht glücklich geworden ist.
Und wie kam es überhaupt dazu, dass das schöne Haus jetzt
ihr gehört, wo es doch noch 1938 im Besitz des Juden Daniel Grünfeld war, des
Mannes, zu dem sie sich schon bei ihrer ersten Zeitreise sehr hingezogen fühlt?
Am wichtigsten ist jedoch, dass sie selbst begreift, dass
sie selbst glücklich werden darf – auf welche Art auch immer. Und sie muss sich
letztlich entscheiden, zwischen zwei Zeiten und auch zwischen zwei Männern…
Ich habe dieses Buch mit viel Freude gelesen, denn es bot
immer wieder interessante Denkanreize, auch die lebendig erzählten Nebenfiguren
betreffend. Vor allem das Spiel mit der Zeit, aber auch die Auseinandersetzung
mit dem Thema „Erbschuld“ machen das Buch für mich zu einem außergewöhnlichen
Leseerlebnis. Der einzige Punkt, der mich so gestört hat, dass ich einen halben
Punkt abziehe, ist das in meinen Augen zu abrupte, etwas lieblos wirkende Ende.
Daher vergebe ich 4,5 von 5 Schnörkeln und eine klare Leseempfehlung
für jene, die nach einer Geschichte mit Substanz suchen, in der es um die
Entwicklung einer starken Person geht, oder sich für historische Schauplätze
und die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte interessieren!
Vielen Dank an dieser Stelle noch an Dotbooks, die mir das
eBook zu Rezensionszwecken überlassen haben!
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